Planänderung!

Yoo wah gwaaan am anderen Ende der Welt? 🙂 Ja genau, Deutschland liegt für mich noch immer in weiter Ferne. Manch einer mag sich jetzt vielleicht wundern, da ich in meinem letzten Beitrag doch groß angekündigt hatte, in 2 Wochen wieder zurück zu sein (und das war vor 6 Wochen)…

Nix da – Planänderung! Ich bin IMMER NOCH auf der kleinen traumhaften Insel. Die Ereignisse haben sich überschlagen, ganz spontan habe ich am Wochenende vor meinem (geplanten) Abflug meinen Flug umgebucht.

Wie kommt’s? – Ich habe euch doch erzählt, dass ich für Jowayne (meinen Saxophonschüler) und Maleik (einer unserer Trompetenschüler) Bewerbungen für ein Scholarship für das Jamaica Music Camp eingereicht habe. Und jetzt haltet euch fest: Beide (!!!) haben das Stipendium bekommen! Wir waren und sind alle immernoch völlig aus dem Häuschen und es sind nicht wenige Freudentränen geflossen. Was für eine großartige Chance für unsere Schüler und mir wird immer mehr bewusst, dass wir hier wirklich was erreichen (können) – endlich trägt unsere Arbeit erste Früchte – und was für welche! 🙂

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Naja, auf jeden Fall wurde ich von der Leiterin gefragt, ob ich mir nicht vorstellen könnte, spontan meine Reisepläne zu ändern um in dem Camp für eine Woche als Camp Counselor zu arbeiten. Ganz plötzlich wurde es einem Hirngespinst Realität – schwupps und ich sitze immer noch auf Jamaika. Im Nachhinein war diese Spontan-Aktion die beste Entscheidung, die ich machen konnte. Es ist hier noch so viel passiert, ich wurde und werde an so vielen „Baustellen“ gebraucht und bin einfach nur glücklich, noch etwas mehr Zeit mit meinen Freunden und Schülern in meiner zweiten Heimat verbringen zu können…

 

Nochmal ein dickes dickes SORRY, dass ich so lange nichts von mir hören hab lassen! Hier ist so viel los, ich kann noch gar nicht alles realisieren… In 5 Tagen geht es schon in das Music Camp und am 06. Juli  dann ganz sicher zurück nach Deutschland – versprochen 😉

Ich weiß noch nicht genau, wann ich die Zeit finde, um endlich mal wieder ausführlich zu bloggen. Es gibt so viel zu erzählen, aber davor muss ich erstmal meine eigenen Gedanken sortieren – spätestens dann in Deutschland!

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So jetzt noch ein musikalischer Ohrenschmauss aus „Jamaica, land we love!“

Die Jamaican National Anthem mit Jowayne:  http://youtu.be/3LKtuW0ueSw

Newstime

Good morning ihr Darlings,

sooooo endlich komme ich zum bloggen – mal wieder richtig spät, SORRY! Hier passiert gerade wieder so viel und die Zeit rennt!! Vor ein paar Tagen habe ich Leonie zum Flughafen gebracht, und ich habe auch nur noch 2 Wochen bis es zurück nach Deutschland geht. Was? Das kann ich gerade gar nicht glauben… 🙁

Suh hear wah gwaan nuh (Patois für „let’s hear what’s going on“) :

Leonie und ich sind also nach unserer Cuba-Rundreise (Cuba ist echt ein wunderschönes und interessantes Land, und die Musik erst! Wir konnten gar nicht genug bekommen von den ganzen Straßenkünstlern, Live Bands und Salsa an jeder Ecke…) nach Jamaika zurückgekehrt. Mit der erneuten Einreise+neuem Visum hat nach einigen Turbulenzen am Flughafen letztendlich auch alles geklappt – zum Glück! Es ist wirklich erstaunlich wie ein komplett anderes Land so schnell zu der neuen Heimat werden kann. Aber für mich war es wirklich wie ein „nach Hause kommen“, das Wiedersehen mit meinen ganzen Freunden und Familymembers war eine große Feierei. Außerdem erwartete uns auch noch das erste Treffen mit den neuen Freiwilligen. Oh ja ihr habt richtig gelesen – seid 1 Monat haben wir zwei neue Mädels, die für zwei Monate im Projekt sind. David hat schon Ende März das Projekt verlassen, und dann waren wir also 4 „fesche Madels“ (jetzt nur noch drei), die die Trenchtownians unterrichten. Und da bekommen auch die Jamaikaner auf der Straße manchmal ihre Probleme, wenn wir nun zu dritt durch Trenchtown laufen. Für sie sehen wir nämlich alle gleich aus (yoo whiteys!) und dann wird es schon schwierig zu unterscheiden wer wer ist 🙂

Außerdem war Tanja, unsere Projektleiterin aus Deutschland, den April über hier und so standen viele Meetings und Gespräche an. Nun gilt es die Probleme, die wir über die letzten Monate hatten (Unterrichtsstruktur, Highschool, kulturelle und persönliche Differenzen) aufzuarbeiten. Das klingt hier gerade so easy, aber in Wirklichkeit ist das echt Arbeit! Nicht alles lief rund, das Projekt steckt eben noch in den Kinderschuhen.

Also gibt und wird es einige Projektänderungen geben. Zum einen haben wir den Musikunterricht in der Highschool abgebrochen. Wie in meinem letzten Beitrag berichtet, wurde es uns zum Teil sehr schwer gemacht, dort zu unterrichten. Viele der Schüler konnten nicht wertschätzen, was wir gemacht haben und auch von dem Direktor kam nur sehr wenig Support. An vielen Tagen kamen wir völlig erledigt nach Hause, da die Klassen uns mal wieder die Hölle heiß gemacht hatten. Für uns stand die Erschöpfung, die wir oft nach dem Unterricht hatten in keiner Relation zu dem, was wir dort erreichen. Vor allem die Energie für den Unterricht im Culture Yard mit wirklich motivierten Schülern fehlte immer mehr. Dennoch wollten wir die Highschool nicht komplett aufgeben und kamen auf die Idee eventuell in der Zukunft eine Art „Music Club“ anzubieten. Idee ist es, an einem Nachmittag direkt nach der Schule einen Chor anzubieten für die wirklich interessierten Schüler. Vormittags können wir nun auch unsere älteren Schüler, die nicht mehr zur Schule gehen, unterrichten. So also der neue Plan.

Außerdem wird unser jamaikanischer Organisator wahrscheinlich im Juli für längere Zeit nach Deutschland gehen. Dennoch soll das Projekt weiter laufen. Sprich: Das Projekt muss reorganisiert und neu strukturiert werden. Genau daran arbeiten wir gerade – die Aufgaben innerhalb des Projektes müssen neu verteilt werden, neue Verantwortliche müssen gefunden und eingearbeitet werden (da haben wir zum Glück schon Leute, u.a. den Bruder und Cousin von Michael Brown), damit sie das Projekt weiter führen können und und und…DSC01727

Darüberhinaus ist es schwierig, dass ab Ende Mai (wenn wir Mädels zurück nach Deutschland gehen) eine Pause bis Ende Juli entsteht. Erst dann kommen neue Freiwillige nach. Wir können also keine „direkte Übergabe“ machen und so müssen wir im Vorfeld jetzt schon viel organisieren. Wir erstellen Kontaktbücher, in denen alle Schüler mit Foto, Kontaktdaten und einem persönlichen Kommentar gelistet sind, sodass die neuen Freiwilligen den Kontakt zu unseren alten Schülern wieder herstellen und den Unterricht wieder aufnehmen können. Wir erstellen Unterrichtsbücher (spezifisch für jedes Instrument), in denen der bisherige Unterruchtsverlauf, Tipps und Vokabular zu finden sind. Außerdem wollen wir noch all unser Notenmaterial sichten und sortieren (man wird ja verrückt mit gefühlten 100 Einzelblättern 🙂 ) und eine Instrumenteninstandsliste machen. Ihr seht also, neben dem Unterricht gibt es gerade noch viele andere Baustellen. Dennoch macht mir der ganze Organisationskram auch echt Spaß! Ach ja, und ein Abschiedskonzert mit meinen Schülern und Rosina wollen wir auch noch organisieren!

Und was gibts’s neues von meinen Schülerlein? – Ich habe endlich Saxophonschüler gefunden – seid 6 Wochen unterrichte ich Jowayne und Suarez! Das ist so klasse, beide sind top motiviert, lernen echt schnell und üben selbstständig. Jetzt klingen schon liebliche Saxophonmelodiechen wie „No Woman No Cry“, „Jammin“ oder „Happy Birthday“ durch den Culture Yard – da wird man als Lehrer schon stolz 🙂

Auch meine kleinen Klavier-Mädels machen stetig Fortschritte, inzwischen gibt es neben dem Notenlesen auch die ersten Songs mit Melodie (rechte Hand) und Chords (linke Hand). Besonders zwei meiner Mädels sind sehr motiviert und lassen keine Unterrichtsstunde ausfallen. Als ich in Kuba war, kamen sie sogar selbstständig und haben alleine geübt. Bei ihnen und meinen Saxophonschülern bin ich überzeugt, dass sie auch üben wenn ich weg bin. Die Instrumente stehen ihnen weiter zur Verfügung und ich bereite gerade Notenmaterial und Songs vor, mit denen sie selbstständig arbeiten können.

Letzte Woche Mittwoch haben wir wieder einen Ausflug mit unseren älteren Schülern gemacht. Es war internationaler Jazzday und im Devon House Park gab es von der Edna Manley School ein Gratis-Konzert mit super Jazzkünstlern. Wir haben erst am gleichen Tag davon erfahren, haben dann aber ganz kurzfristig die Schüler alle in ein Taxi ( mal wieder zu 9.) gestopft und sind nach Uptown gedüst. Es war ein klasse Konzert mit schöner Atmosphäre, nur meine Sax-Schüler waren ein bisschen enttäuscht, da es keinen Saxophonisten gab. Das ist aber wirklich schade, auf ganz Jamaika gibt es so wenig gute Saxophonisten – ich glaube, die kann man an den Händen abzählen. Dennoch versuche ich, meine Schüler noch auf ein Konzert mit Saxophonisten zu bringen, das würde auf jeden Fall die Übmotivation nochmal enorm steigern und ihnen neue Impulse geben.

Außerdem arbeite ich gerade an einer Bewerbung für ein Scholarship für Jowayne. Das ist echt ein super Ding – letzte Woche hat uns Rosina auf das Jamaica Music Camp aufmerksam gemacht. Normalerweise kostet es sehr viel Geld, aber für ganz Jamaika sind drei Scholarships (Stipendium) ausgeschrieben. Das Programm des Camps ist vor allem auf den generellen Musikunterricht ausgelegt (Singen, Rhythmus, Gehörbildung etc.) allerdings gibt es auch Master Classes mit den Instrumenten. Da nur 15 Jugendliche an dem Camp teilnehmen, können sich die Lehrer sehr intensiv und individuell mit den Kids befassen (deswegen macht es auch nichts aus, dass Jowayne erst seit kurzem Saxunterricht hat). Dieses Camp wäre echt eine klasse Chance. Wir haben auch noch eine Bewerbung für einen unserer Trompetenschüler eingereicht und hoffen sehr, dass es für einen von den Beidem mit dem Scholarship klappt!

Und was gibt es so an privaten News? Natürlich auch total viel zu erzählen….

Wie schon kurz erwähnt, bin ich seit Anfang März in eine andere Gastfamilie in einen anderen Teil von Trench Town (Rema) gezogen. Wie kommt’s? Zum einen ist es ja Teil der Philosophie von Musiker ohne Grenzen und auch ein langfristiges Ziel für unser Projekt, dass die Freiwilligen nicht alle in einem Haus wohnen, sondern in verschiedenen Gastfamilien (am besten komplett in Trench Town verteilt) unterkommen. Zum anderen gab es immer wieder persönliche Probleme mit unserem Organisator, es ist einfach total schwierig wenn man auf so engen Raum zusammen lebt und zusammen arbeitet. Da kann man dann oft nicht mehr zwischen Persönlichem und Projektangelegenheiten trennen, was einfach auf Dauer zu Konflikten führt.

Die neuen Gastfamilien haben wir nach langer Suche durch die hilfsbereite Unterstützung von Bekannten in Trench Town gefunden. Jetzt wohne ich also bei der netten Vivienne, ihrem Neffen Amechi und seiner Mutter Maxim (+ einem alten Mann, Mister Cox, allerdings bin ich immer noch nicht ganz dahinter gekommen, inwiefern er zur Familie gehört). Das sind alles echt nette Leutchen und ich fühle mich pudelwohl. Man kann super mit ihnen lachen, quatschen, kochen und Spaß haben. Nur Mister Cox verstehe ich total schlecht – ihm fehlen viele Zähne dazu nuschelt er noch, und ich kann immer nur erahnen, was er mir sagen will. So beschränke ich mich meistens auf ein Lächeln, einen Händedruck oder eine nette Begrüßung, wenn ich nach Hause komme (er sitzt/schläft nämlich immer auf der Veranda, umgeben von kitschigen Plüschtieren)

Hier bin ich „noch tiefer“ im Ghetto (ärmlichere Gegend) und die Wassersituation ist auch nochmal anders als in Arnett Garden. In Rema läuft noch unregelmäßiger Wasser. Erst vor kurzem hatten wir 8 Tage lang kein fließendes Wasser, das war schon blöd. Da sind wir dann nachts um 1 Uhr (da holen die anderen kein Wasser) mit einem Pushcart (Handwagen aus Holz) an eine Wasserstelle gegangen und haben alle Eimer die wir finden konnten mit Wasser gefüllt. Anscheinend gibt es aber gerade auf ganz Jamaika eine „Wasserkrise“, auch in Uptown setzt das Wasser manchmal aus… Wir haben 3 große Wassertonnen, die immer befüllt werden und geduscht wird nun mit einer Art Gießkanne, nicht mehr mit Wasserkanistern wie im anderen Haus. Außer es läuft Wasser und der Druck in der Leitung ist stark gut – dann geht die Party erst richtig ab! Man kann dann einen Gartenschlauch an die Dusche anschließen und unter einem richtigen Strahl duschen – das wird immer richtig gefeiert 🙂

Auch witzig ist, dass unser Bad nur ein Tür aber zwei Eingänge hat. An dem anderen Eingang hängt nur ein Vorhang, der kann aber leicht durch den Wind weggeweht werden. Es scheint meiner Familie nicht wirklich viel auszumachen, wenn man auf dem stillen Örtchen gestört wird, oft latschen halt die Leute ausversehen ins Bad wenn es besetzt ist. Erst vor ein paar Tagen wollte ich duschen und musste dann feststellen, dass der Badvorhang und aber auch der Duschvorhang weg waren. Die wurden halt beide gerade gewaschen. Man meinte aber zu mir, ich könne ja trotzdem duschen, es wäre ja keiner da… Naja, am Ende stand ich dann im Bikini unter der Dusche und konnte mich mit Maxim unterhalten, die gerade am kochen war.

Ich bin auch noch oft oben im Haus im „Jungle Top“ (Arnett Garden) wo jetzt die beiden neuen Freiwilligen wohnen (es kann auch sein, dass ich für meine letzten Tage nochmal hoch in das Haus ziehe). Montags und Mittwochs unterrichte ich ja da meine Klaviermädels und es ist immer noch das „Projekt-Headquarter“. Ich kann ganz schnell zwischen den locations hin und her düsen, da ich ein Fahrrad ausgeliehen habe. Damit bin ich jetzt eine neue Attraktion – ein weißes Mädchen fährt mit einem Fahrrad durch Trench Town. Noch mehr Aufmerksamkeit gibt es, wenn ich Leonie eine Tour gebe (to give a tour heißt soviel wie zu zweit auf dem Fahrrad fahren, das macht hier jeder). Das wird dann von jedem gefeiert – ZWEI weiße Mädchen auf EINEM Fahrrad – what?!? Eine Angewohnheit der Jamaikaner ist es, alles zu kommentieren was man tut. So schreien dir dann alle hinterher „psssssssst yo whitey, you can ride bicycle!“ oder „psssssst brownie, can you give me a tour?“. Auch ganz beliebt, sogar als Flirtanmachspruch, ist „Mosquito bite ya!“. Ich weiß doch selber, dass die Moskitos mich auffresssen?! Und zur Zeit ist es auch wirklich besonders schlimm hier in Rema! Ich bin von oben bis unten mit Schnakenstichen übersät, vielleicht liegt das aber auch an der Saison…

Rema ist echt klasse, nochmal eine ganz Atmosphäre als im Jungle Top, alles ist viel lebendiger. Abends sind immer so alle Leute auf der Straße, jeder wird gegrüßt und die kleinen Kids haben inzwischen auch kapiert, dass ich nun hier wohne und kommen jeden Abend angerannt wenn ich vom Culture Yard komme. Die Menschen sind freundlich, offen und auch neugierig, was denn ein weißes Mädchen in ihrer Straße tut. Die Straße selbst wird jedem Abend zum Fußballfeld umfunktioniert, die Autos werden verbannt und alle spielen zusammen. Oft sitze ich abends vor dem Haus auf dem Mäuerchen, quatsche mit Amechi und den Nachbarn und beobachte die Szene – ich hingegen werde dann die ganze Zeit von den Jungs beobachtet, die auf der anderen Straßenseite auf der Mauer sitzen. Und Musik ist hier natürlich auch überall – direkt gegenüber gibt es fast jede Nacht Streetpartys. Die Musik kommt aus richtig fetten Boxen und ist oft so laut, als ob sie direkt neben deinem Ohr abgespielt wird. Aber man gewohnt sich schnell daran. Inzwischen finde ich auch richtig gefallen an den Dancehallsongs, vor allem wenn Leonie und ich lauthals mitgrölen können. Aber die ganzen Streetpartys sind sowieso eine Sache für sich. Wer nicht in Jamaika war und es nicht selber gesehen hat wird es nicht glauben. Der jamaikanische Tanzstil (vor allem auf Streetpartys) ist unglaublich. Als ich das das erste Mal gesehen habe konnte ich es nicht glauben – es war fast schon ein kultureller Schock 🙂 Und ich frage mich immer noch, wie die Jamaikanerinnen es anstellen, so ihren Po zu bewegen. Das wird aber auch von kleinauf geübt – schon die kleinen Mädchen unter 10 Jahren sieht man auf der Straße den „One Drop“ (spezieller Dancemove mit extrem viel Powackeln) tanzen. Jetzt will ich aber auch gar nicht näher darauf eingehen – wen es interessiert: einfach mal auf YouTube one drop eingeben und dann den „real jamaican dance“ anschauen…

Am Anfang konnten es die Leute in Arnett Garden nicht glauben, dass ich jetzt nach Rema ziehe. Die Area Rema hat nämlich mit den schlechtesten Ruf in Trench Town, und viele Leute vom upper jungle (Arnett) kommen nicht oder nicht gerne runter nach Rema, weil sie sagen, man bekommt nur eine Kugel in den Kopf. Vor allem früher gab es viele Schwierigkeiten zwischen den verschiedenen Teilen, aber jetzt hat sich das alles beruhigt. Und so weit ich das beurteilen kann, ist Rema auch nicht gefährlicher als ein anderer Teil von Trench Town. Naturlich können wir nicht hinter die kriminellen Strukturen blicken und haben auch nicht die große Übersicht, was wirklich abgeht, aber dennoch fühle ich mich hier echt sicher. Wenn ich Nachts rausgehe kann ich auch immer Amechi fragen, ob er mitkommt und meine Freunde vom Jungle Top begleiten mich auch gerne nach Hause, wenn es später wird.

Nur einmal konnte man spüren, dass auch die Polizei Respekt vor der gesamten Area hat. Es war der Abend, an dem Vybz Kartel (berühmter Dancehallartist, der in einem Mordverfahren angeklagt wurde) verurteilt wurde. Alle Leute waren auf der Straße und diskutierten das Urteil. Da er eine richtig große Fanbase hat, befürchtete die Polizei, dass kriminelle Anhänger irgendwas machen könnten. So kreiste ein Militärhubschrauber den ganzen Abend mit einem riesigen Scheinwerfer über Trench Town, wahrscheinlich nur um Präsens zu zeigen. Dennoch war das für mich ein richtig komisches Gefühl.

Uuuund wisst ihr was, inzwischen bin auch echt eine richtige Rasta-Lady geworden! Ich habe mir nämlich dreadlocks machen lassen (aber nicht die gesamten Haare). Leonie und ich sind einfach zu Freunden gegangen, die einen Foodshop bei uns in der Nähe haben. Beide sind Rastas, der Mann ist auch Sänger und Artist (mit ihm habe ich schon gespielt und aufgenommen), die Frau kocht und ist super nett. Eigentlich wollten wir nur fragen, wo man locks machen lassen kann, aber dann meinte Marcia „Ach, ich kann das auch machen, setzt euch einfach hin!“. Und ehe wir uns versahen, hatte Marcia schon angefangen unsere Haare zu locken…

An den Wochenenden stand auch noch das ein oder andere auf dem Programm. Einmal sind wir Sonntags mit unseren jamaikanischen Freunden nach Lime Cay (einsame kleine Insel im Meer) gefahren und haben dort einen wunderschönen Strandtag verbracht. Es war so schön zu sehen, wie sich alle gefreut haben, denn für die Jamaikaner hier im Ghetto ist es nicht selbstverständlich zum Strand zu gehen. Auch wenn es so nah ist, haben die meisten einfach kein Geld hin zu fahren. Das ist auch der Grund, warum viele Jamaikaner nicht schwimmen können – so haben wir gleich ein paar Schwimmstunden gegeben…

Über Ostern waren wir in Portland bei Freunden und konnten den neuen Mädels die Gegend zeigen und eine kleine Auszeit nehmen. Es wurde so viel geredet, gelacht, gechillt, geschwommen, musiziert, und natürlich auch lecker gekocht – richtig schön

Außerdem wurde ich in das Chanten des Nichiren Buddhismus eingeweiht. Ich war an einem anderen Sonntag in Treasure Beach bei einem alten Rasta, der aber auch Buddhismus praktiziert. Er hatte ein kleines Guesthouse und einen wunderschönen Yard mit Blumen, Mangobäumen und zwei süßen Welpen. Der Strand (mit schwarzem Sand!) war nur 5 Minuten entfernt und direkt um die Ecke gab es ein kleines Café wo wir uns zum Frühstück Kaffee, Bananamilchshakes und Pancakes gegönnt haben – yammi!

A propos Mangos: Hier ist gerade Mangosaison und wirklich überall gibt es Bäume voller reifen Mangos. Und was ich gar nicht wusste: Es gibt total viele verschiedene Mangosorten – nach Deutschland wird aber meist nur eine Sorte importiert. Hier habe ich die Auswahl zwischen July, Bombay, East Indian, Blackys, Hairy, Common, Number 11, Bellyful und und und. Das Witzige dabei ist, dass fast alle Mangos total viele Haare haben, und nach dem Essen hat man dann die ganze Zähne voll damit. Sooo, nur um euch ein bisschen neidisch zu machen…

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In diesem Sinne – chek out!

PS: Ich habe nur noch so wenig Zeit und es gibt noch sooo viel zu tun. Ich denke, vor meinem Rückflug werde ich es nicht schaffen, nochmal ausführlich zu bloggen. Wenn ich aber zurück in Deutschland bin, kommen noch ein paar Einträge (außerdem wollte ich noch unbedingt was zu dem guten alten Bob schreiben – muss ja auch irgendwie sein, wenn ich auf Jamaika bin…)

Mal was auf die Ohren…

Hallo liebe Leutchen,

hier was zum Reinhören. Brand new stuff aus Trench Town 🙂

Suarez,  einer meiner Saxophonschüler (oh jaaa ich habe endlich Saxschüler gefunden!) mit „No Woman No Cry“ von dem guten alten Bob.

http://youtu.be/0L7hygMnD2I

Jowayne, ein anderer sehr talentierter Saxophonschüler mit einem schönen bekannten Liedchen:

http://youtu.be/K-1rhEKROd8

Und Kaylia, eine meiner motiviertesten Klavierschülerinen. Nach kurzer Unterrichtszeit spielt sie inzwischen schon Songs mit Melodie (rechte Hand) und Chords (linke Hand) – wow!                                             Hier „Three Little Birds“ :

http://youtu.be/CX8U3r0jZYI

Ich hoffe, das vertreibt euch die „Wartezeit“ während ich endlich mal wieder einen neuen Beitrag schreibe…

Likkle more!

Movements

… und das im wahrsten Sinne des Wortes!

Zum Einen: Ich bin umgezogen. Seit zwei Wochen lebe ich nun in einer neuen Gastfamilie in Rema (einem anderen Teil von Trench Town), ganz in der Nähe des Culture Yards! 🙂
Allerdings hatte ich dort anfangs weder Internet noch einen Laptop – deswegen habe ich nichts von mir hören lassen die letzten Wochen…

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Zum Zweiten: Morgen düse ich zusammen mit Leonie für zwei Wochen nach Cuba – waaah wie kommt´s? Ich habe mich entschieden, meinen Aufenthalt und meine Arbeit hier im Projekt zu verlängern – es ist einfach so klasse hier! (Ich werde jetzt erst Ende Mai zurück kommen) Allerdings reicht nun mein Visum nicht für die gesamte Zeit aus. So der Plan: Wir reisen aus Jamaika aus, und können dann mit der erneuten Einreise ein neues Visum bekommen. Da dachten wir uns dann  – wieso nicht noch ein bisschen auf Kuba verweilen. Eine kleine Auszeit vom Unterrichtsalltag, ein bisschen andere Luft schnuppern, mal nicht nur Dancehall und Reggae hören – das tut bestimmt gut! So erkunden wir also ab morgen auf den Spuren Che Guevaras die kubanische Lebensart, Kultur und natürlich vor allem die Musik!

Oh oh jetzt bin ich aber im Packstress… Wenn ich zurück bin folgen Blogeinträge zu meinem Umzug und den neuesten Projektentwicklungen – versprochen!

In diesem Sinne – viva la vida! 🙂

 

Update aus Jamaland

Heute fühle ich mich wirklich fit, nachdem ich um 6 Uhr aufgestanden bin, und mit Leonie und Sacha ein zweistündiges Sportworkout (Joggen im Stadion und Basketball spielen; neugierig beobachtet von einigen Jamaikanern  die bestimmt gedacht haben: „ Was machen die weißen Mädchen denn da?!“ ) absolviert habe. Aber schon um 8 ist die Sonne so heiß, dass man schnell die Lust an sportlichen Aktivitäten verliert.

Grund für unseren Sport war hauptsächlich das jamaikanische Essen: Im Grunde ist die Rastafari-Küche wirklich optimal für mich, da die „richtigen“ Rastas weder Fisch noch Fleisch essen (da werde ich als Vegetarierin oft auch zum Spaß Rasta-Lady genannt). So gibt es hier super leckeres und gesundes „I-tal food“ (vegan und ohne Salz/Zucker) mit Veggie-Chunks (ähnlich wie Seitan).

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Wäre da nicht das ständige Fritieren in der normalen jamaikanischen Küche – sei es Bredfruit, Sweet Potato oder Dumplings (Teigbällchen), alles fettig fettig. Inzwischen haben wir aber unsere Familie so weit, dass wir immer mehr „boiled food“ essen. Auch Pasta und Kartoffeln werden akzeptiert. 🙂

Nun mal wieder ein paar Infos zu den musikalischen Entwicklungen in unserem Projekt: Seid einem knappen Monat  unterrichten wir wieder morgens in der High School. Da die Unterrichtsstunden im letzten Jahr doch etwas unstrukturiert waren, haben wir uns vorgenommen, den Unterricht im neuen Jahr klar zu strukturieren, damit alles Hand und Fuß hat. Anfangs fühlten wir uns da ein bisschen verloren (man beachte: Wir sind ja Instrumentalisten und keine ausgebildeten (Schul-) Musiklehrer). Dann kam uns aber Rosina Moder rührend zur Hilfe (von ihr hatte ich schon im letzten Beitrag berichtet). Da sie musikalische Früherziehung und Blockflöte in Österreich studiert, lange hier in Jamaika in verschiedenen Schulen unterrichtet hat und auch zur Zeit an dem Edna Manley College (Musikhochschule) lehrt, haben wir in ihr nicht nur eine höchst kompetente Beraterin, sondern auch eine liebe „Tante“ gefunden, die uns regelmäßig mit selbst gemachten Mangosaft und Blueberry-Muffins verwöhnt

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Verwöhnung pur auf Rosina´s Veranda

Sie hat uns dann nicht nur haufenweise Schul-/ und Notenbücher ausgeliehen (von der Schule hatten wir überhaupt keine Materialien) sondern auch ein Treffen mit drei ihrer Studentinnen arrangiert, die „general music education“ studieren. So viel „input“ hatten wir schon lange nicht mehr. Fast beflügelt konnten wir danach unsere Stunden planen und einen richtigen kleinen Lernzielplan erstellen.

Soweit in der Theorie – allerdings sieht die Praxis leider etwas anders aus: Die Charlie Smith High School hat schon in Trenchtown einen wirklich schlechten Ruf: Es heißt, dort sind die wildesten und undiszipliniertesten Kinder. Das bekommen wir jetzt leider auch manchmal zu spüren. Prinzipiell sollte man immer 30 Minuten einplanen, bis man die Klasse beisammen hat (Pünktlichkeit ist an dieser Schule auch ein absolutes Fremdwort), und dann geht jeden Tag auf´s Neue die Suche nach einem leeren Raum los. Sprich: Das war´s dann mit unserem schönen Unterrichtsplan. Aber wir sind ja spontan, versuchen uns an die Gegebenheiten anzupassen und es gibt durchaus auch gute und interessierte Klassen. Problem ist auch oft, dass uns die Schüler nicht immer als Lehrer respektieren. Passiert das anderen Lehrern greifen sie zu, in unseren Augen, unbegreiflichen Maßnahmen. So mussten wir leider schon einmal miterleben, wie ein sonst total gutmütiger und ruhiger Lehrer, einen Schüler in der Ecke schlug. Wir waren richtig geschockt, dieses Bild von einem prügelnden Lehrer und einem weinenden Schüler zu sehen. Doch leider muss man sagen, dass Schläge in der jamaikanischen Kultur und Erziehung als vollkommen normal angesehen werden. Dennoch haben wir dem Lehrer in einem persönlichen Gespräch klar gemacht, dass das für uns ein absolutes No-Go ist – er meinte daraufhin nur, er macht es nicht mehr, so lange wir im Zimmer sind. Ich glaube, die kleinen „Rotzbengel“ merken auch sehr schnell, dass wir so etwas nie machen würden, und dann wird es für uns noch schwerer, unsere Autorität durchzusetzen. Auch fragt man sich manchmal, wie die Schüler denn überhaupt etwas lernen können, bei Räumen ohne Tür und Licht, einem Geräuschpegel wie in einem Fußballstadion und haufenweise herum rennenden/prügelnden Kindern in den Klassenzimmern. Naja ich denke, genau deswegen ist es noch besser, dass wir in der Schule helfen und den Kindern vielleicht doch eine Perspektive mit Musik verschaffen.

Auch mein Klavierschülerstamm erweitert sich immer mehr (inzwischen sind wir schon beim Notenlesen und einigen Bob Marley Songs angekommen). Allerdings hat sich immer noch kein Sax-Schüler länger „gehalten“. Im neuen Jahr werben wir nun auch mit Postern speziell für Saxophon Unterricht – hoffentlich werden dadurch noch einige interessierte Kids zu uns finden.

Vor 2 Wochen haben wir mit unseren älteren Schülern einen kleinen Ausflug gemacht. Wir sind alle zusammen Abends in das Red Bones Blues Cafe hier in Kingston gefahren. Jeden Mittwoch Abend spielt da nämlich der Gitarrist Samuele Vivian, den wir in der Edna Manley School kennen gelernt haben. Der Eintritt ist frei, und so konnten wir unseren Schülern für wenig Geld mal andere Musik als immer nur Dancehall oder Reggae, nämlich Jazz näher bringen. So haben wir alle 16 Leute in 2 (!!) Taxis gestopft und sind zu dem Auftritt gedüst. Die Überraschung war groß, als ausgerechnet an diesem Mittwoch Abend sogar ein Special auf dem Programm stand. Samuele spielte nicht nur allein, sondern wir konnten einem ganzem Jazztrio lauschen. Dabei waren noch ein befreundeter Bassist aus Italien und ein Schlagzeuger aus Jamaika. Was wir dann hören konnten war Jazz erster Sahne, gemischt mit Eigenkompositionen von Samuele und einigen spanischen Klängen, dazu noch ein leckerer Drink – perfekt! Die Stimmung war klasse, unsere Schüler genossen den Abend und konnten gleichzeitig ihren Musikhorizont erweitern 🙂

Im Januar verbrachten wir auch ein Wochenende in der Nähe von Ocho Rios auf einer Farm. Durch Zufall hatten wir Christopher kennengelernt, der mit seiner Mutter eine Kuh-/und Pferdefarm betreibt und uns zu sich eingeladen hatte. Da genau an diesem Wochenende auch das Rebel Salute Reggae Festival in Ocho Rios war (welches wir besuchen wollten) konnten wir die beiden Ausflüge super miteinander verbinden.

Die Unterkunft verschlug uns bei unserer Ankunft erstmal die Sprache: Als wir das Tor passierten, meinte Christopher nur „welcome to my yard“ – allerdings war das alles andere als ein Yard (Hof). Das Land der Farm war riesig, man musste schon alleine 2 Meilen durch den Busch fahren, bis man das Haus erreichte. Das Haus war dann ein riesiges altes Herrenhaus. Man fühlte sich ein bisschen wir in das 18. Jahrhundert zurück versetzt – so mussten Plantagenbesitzer wohl gelebt haben?! Es war, als ob man in eine komplett andere Welt eintaucht. Vom Trenchtown Ghetto in eine Welt mit riesigen Zimmern, antiken Möbeln, Teppichen und einem Haufen Gemälde an den Wänden. Leonie und ich durften in einem Himmelbett schlafen, ein Kornleuchter hing an der Decke und wir hatten ein eigenes Bad mit BD(!) und warmen Wasser. Wir standen erstmal 10 Minuten wie gebannt in dem Zimmer, am liebsten hätten wir laut los geschrien oder von allem Fotos gemacht, aber das Haus hatte so eine herrschaftliche Atmosphäre, dass wir uns das einfach nicht so recht getraut haben.

Am Freitag Abend ging es dann mit Christopher auf das Rebel Salute Festival. Das Festival war gar nicht so groß, wie wir gedacht hatten (klar, Jamaika ist auch einfach klein 🙂 ) und ganz nach der Rastafari-Kultur waren Fleisch, Alkohol und Drogen verboten. Dafür gab es super leckeres ital food und roots drinks. Das konnte man dann auf der Wiese genießen und gleichzeitig den Reggae-Künstlern lauschen. Gegen 5 Uhr morgens kam dann endlich der Hauptact: Damian Marley, Sohn von Bob Marley. Das war schon ein cooles Gefühl, ihn live zu sehen! Er hatte bodenlange Dreads (hätte die Bühne damit putzen können) und neben der „normalen“ Band sprangen noch ein paar alte Rastas auf der Bühne herum, die die ganze Zeit die äthiopische Flagge schwenkten. Allerdings konnte man auch in fast jedem seiner Songs den einen Rhythmus finden, den hier nahezu alle Reggae- und Dancehallkünstler verwenden – ein bisschen enttäuschend. Schließlich kamen wir um 7 Uhr Morgens auf die Farm zurück und konnten noch einen schönen Sonnenaufgang genießen, bevor es ins Bett ging.

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Den Samstag haben wir dann halb verschlafen, halb verträumt. Man spazierte ein bisschen über das Land, streichelte in paar Pferdchen und besichtige das kleine Dorf Epworth, welches hauptsächlich aus einem „Kreisel“ bestand.

Am Sonntag machten wir uns auf zu den Dunn´s River Falls. Ein großer Wasserfall, der als Hauptattraktion Jamaikas gilt. Dementsprechend touristisch war der ganze Ort aufgebaut. Schon alleine der Parkplatz bot Platz für ein Haufen von Bussen, doch da das Wetter nicht so gut war, blieben wir zum Glück von den Touristenmassen verschont. Der Wasserfall an sich ist wunderschön. Einfach beeindruckend, was Mutter Natur im Laufe der Zeit alles schaffen kann – wären da nicht die von Menschenhand erbauten Häuser, Bars und Treppen (zwecks Tourismus), die dieses Naturwunder irgendwie „abschwächen“. Dennoch hatten wir einen Haufen Spaß- wir sind unten am Strand ins Wasser gehüpft, dann den Wasserfall hochgeklettert und am Ende haben wir noch Jellys von den Kokospalmen gepflückt. Sehr amüsant waren auch die geführten Touren durch den Wasserfall, bei denen sich die Touris die ganze Zeit über an den Händen halten mussten. Ein Animator war natürlich auch zur Stelle, der alle 3 Minuten brüllte „Do you have fun?“ und die Touris antworteten natürlich im Chor „Yeaaaaaah“. Nach dieser Begegnung haben wir dann auch schnell wieder das Weite gesucht.

Zurück auf der Farm, wurde dann abends im Speisesaal an einer riesigen Tafel diniert. Es gab Kronleuchter, eine richtige Sitzordnung und Roast Beef. Man fühlte sich ein bisschen wie im Mittelalter auf einer Burg mit Rittern, Prinzessinnen und einem Haufen Pferde.IMG_6309

Am Montagmorgen konnten wir dann auch endlich Reiten. Doch da das Land so groß ist, mussten wir die Pferde erstmal suchen. Als wir sie dann endlich eingefangen, geputzt und gesattelt hatten, ging es im rasanten Galopp über die Felder – super schön! Danach sofort Abfahrt und mit dem Bus zurück nach Kingston, wo unsere Schüler schon warteten.

Alles in allem war das wieder einmal ein traumhaftes Wochenende und eine super Entspannung gegenüber dem doch oft anstrengenden Unterrichtsalltag.

Jetzt bin ich aber wieder busy busy, Unterricht vorbereiten und so….

Macht´s gut – keep on grooving!

 

 

 

Beautiful Jamaicaaa

Jamaika, so klein die Insel auch ist (halb so groß wie Hessen), steckt voller Überraschungen. In den 14 parishes (Landkreise) gibt es so viel zu Entdecken – meistens natürlich abseits der großen Tourismus Areas.Wir haben meistens das Glück, dass wir über connections aller Art das „wahre Jamaika“ kennenlernen und erleben können. Zeit für Trips bleibt uns meistens nur am Wochenende, da der Unterricht uns unter der Woche alle Zeit und Energie abverlangt. Umso schöner ist es dann auch, am Wochenende mal rauszukommen 🙂

Ein Ausflug führte uns nach Port Royal. Eigentlich nur ein sehr kleiner, verschlafener Fischerort, der am Rande des Hafenbeckens liegt, welches Kingston umgibt. Dennoch ist es ein sehr geschichtsträchtiger Ort: früher war es nicht nur das Hauptquartier der Piraten der Karibik um Sir Henry Morgan, auch wurde das große Fort Charles (Befestigungsanlage), aufgrund der günstigen Lage, dort errichtet. So spielten wir also ein bisschen Pirat und erkundeten das gesamte Gelände mit den alten Gemäuern und Kanonen.

Danach fuhren wir mit einem kleinen Schifferboot auf die Insel Lime Cay. Diese Insel lässt sich mit einem Wort beschrieben: WOW! Mitten im Meer, ohne jegliche Besiedlung, nur mit ein paar Palmen und weißen Sandstrand – wie entsprungen aus einem Hochglanzmagazin. Oh man, ein karibischer Traum wurde war. Innerhalb von 10 Minuten konnte man die ganze Insel umrunden, wir genossen das Sonnenbad und schwammen im türkis-blauen Wasser. Außer uns waren nur eine handvoll Jamaikaner da und das Highlight war dann, als wir am Ende des Tages wirklich die Letzten, und somit alleine, auf der Insel waren. Es ist ein fantastisches Gefühl, ganz alleine auf einer einsamen Insel mitten im Meer zu sein, von dem Sonnenuntergang ganz zu schweigen…

An einem anderen Tag machten wir uns mit unserer jamaikanischen Familie auf nach Cane Rivers. Hoch oben gelegen in den Blue Mountains, ist dieser Fluss zum Glück den meisten Touristen verborgen geblieben. Den Rastas ist der Wasserfall eigentlich hauptsächlich ein Begriff, da es heißt Bob Marley hätte dort seine natty dreads (Dreadlocks) gewaschen. Umgeben von riesigen Felsen führte eine, grob in den Fels gehauene, bemalte Steintreppe hinunter zu einigen natürlichen Wasserbecken mit Wasserfall. Das Wasser war erstaunlich kalt, auch der einsetzende Regen machte es nicht besser. Dennoch war es ein super und erfrischend kalter Trip – mal eine Abwechslung zu der brennenden Sonne in Kingston.

An einen anderen Abend gab es bei uns im Culture Yard ein Niyabinghi (ein bestimmter „Rastastamm“) Rastafest. Das war wirklich super beeindruckend und die Stimmung dort lässt sich nur schwer in Worte fassen – in einem Zelt spielten einige alte Rastas mit schneeweißen Dreads riesige Trommeln, Kettledrums und Shaker, die übrigen Rastas bewegten sich fast wie in Trance im Rhythmus mit und sangen afrikanische Gesänge. Haile Selassie I. wurde als Messias besungen und verehrt. Man fühlte sich ein bisschen in die Vergangenheit zurück versetzt, wie im Dschungel mit Buschtrommeln – ganz „back to the roots“. Die Rastafari-Kultur erscheint mir an vielen Stellen immernoch als ein großes Fragezeichen – aber diesem Thema widme ich lieber mal einen eigenen Beitrag

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Im Dezember waren wir für ein verlängertes Wochenende in Portland. Dieses Parish ganz im Osten von Jamaika gilt als schönstes Parish der ganzen Insel, und das nicht ohne Grund! Die Gegend ist bekannt für ihre traumhaften Strände, in den Bergen gibt es viele Wasserfälle und die gesamte Natur ist einfach unglaublich grün. Egal wo man hinschaut: Nur Grüne oder das Meer. Wir hatten das große Glück, dass wir auf einer Weihnachtsfeier des deutschen Botschafters eine ganz besondere Deutsche kennengelernt hatten, die schon lange in Jamaika lebt und in Portland eine Pension betreibt. Da sie unsere Situation kennt ( „arme“ Freiwilligendienstleitende ohne Geld 🙂 ) und unsere Arbeit sehr wertschätzt, gab sie uns die Möglichkeit, zu einem super Preis in ihrem zweiten Haus zu wohnen, welches noch nicht ganz fertig renoviert war. Das war für uns aber gar kein Problem – direkt aus Trenchtown kommend, fühlten wir uns sogar ein bisschen wie im Luxus mit fließendem Wasser, Wasserkocher, super bequemen Sesseln im Wohnzimmer und absoluter Stille und Platz im Haus. Und das beste: Nur ein 5 min-langer Fußmarsch trennte uns von einer wunderschönen kleinen Bucht mit Sandstrand. Das Fleckchen hieß Boston Beach und war außerdem ein super Surfer-Spot. So lernten wir gleich einen Surfer kennen, der mit uns an einem Abend sogar in seiner provisorischen Feuerküche direkt am Strand einen super leckeren Ital-Stou (eine Art jamaikanischer Eintopf) kochte.

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Feuerküche am Strand

Am nächsten Tag machten wir uns auf in den Dschungel zu den Reach Falls. Mit einem local Führer konnten wir den gesamten Fluss mit vielen Tümpeln, Steinen und Gumpen „hoch waten“ bis zu dem eigentlichen Wasserfall. Zum Teil waren die natürlichen Wasserbecken so tief, dass wir von den Felsen kleine Sprungkünste vollführen konnten. Die Landschaft war wieder einmal atemberaubend schön, fast schon verwunschen.

Am Tag darauf erwartete mich ein absolutes Highlight. Unsere Gastgeberin ist auch eine Pferdenärrin, besitzt ein eigenes Pferd und hat einen Freund, der Pferdetouren anbietet. Da ich als ehemalige Reiterin hier in Jamaika unbedingt das Horsebackriding ausprobieren wollte, packte ich die einmalige Chance am Schopf: Die Deutsche meinte total locker, dass sie mir ihr Pferd Blacks leihen würde, und so durfte ich einen Ausritt mit Scotti dem Pferdeflüsterer machen. Scotti ist eine unglaubliche Persönlichkeit, fast schon ein Genie 🙂 Seine Ausstrahlung und Denke lässt sich eigentlich nicht beschreiben, das muss man erleben! Ich wurde mit einem überaus warmen und herzlichen „good morning my darling“ von ihm begrüßt und los ging der Ritt. Zuerst wollte er mir einige seiner „Destinations“ (Plätze) zeigen: Nachdem wir auf seiner „Farm“ (eine riesige Wiese mit mit einem kleinen überdachten für die Sättel und Zaumzeug) sein Pferd Queen geholt hatten ging es im schnellen Trab hinauf in die Berge – von dort hatte man eine klasse Aussicht über ganz Zion Hill und das Meer. Danach führte er mich quer durch den Dschungel zu Winnifred´s Beach. Eigentlich ein beliebter Touristenstrand, aber zu der frühen Stunde waren wir neben den Verkäufern die Einzigen dort. Also schnell Bikini angezogen, Pferde abgesattelt und ab ins Meer. Ein unglaubliches Gefühl, mit den Pferden direkt ins Meer zu reiten, bis sie anfangen zu schwimmen. Nachdem wir sie dann im Meer noch gewaschen und geputzt hatten, sind wir selber noch eine Runde geschwommen. Dann gönnte sich Scotti noch einen schönen Rum („Man muss ja warm bleiben“), bevor es langsam Richtung Haus zurück ging – natürlich nicht ohne ausgiebig am Strand entlang galoppiert zu sein. Einzig was fehlte war ein Cowboyhut und die Lederchaps 🙂

Abends wurden wir noch von unserer Gastgeberin zum Abendessen eingeladen. Aber damit nicht genug, danach servierte sie uns sogar noch einen Kaffee (mein Erster auf Jamaika, da Kaffee hier wirklich schweineteuer ist) und deutsche Schokolade – waaah! Unsere Gastgeberin ist auch von ganz besonderen Menschen umgeben. Bei tollen Gesprächen vergaß man schnell die Zeit und als „Sahnehäubchen“ wurden wir noch in die Kochkunst der original jamaikanische heiße Schokolade eingeweiht. (Echter Kakao mit Kokosmilch aufgekocht, bisschen Muskat oder Piment dazu – fertig!) Es gäbe noch so viel zu erzählen von diesem tollen Ausflug, aber hier muss ich jetzt mal einen Punkt machen.

Unser letzter Ausflug führte uns nach Montego Bay. Anlass hierfür war, dass eine Freiwillige zurück nach Deutschland gegangen ist, und wir sie zum Flughafen gebracht haben. Der Abschied war traurig, vor allem weil jeder von uns wusste, dass dieser Moment für jeden  kommen würde. Auch in MoBay konnten wir durch Connections (die Deutschen hier auf Jamaika sind wirklich top vernetzt) kostenlos bei einer Deutschen übernachten. Und das Haus war nicht irgendein Haus – es war eine richtig schöne alte Villa: Großer Garten mit Pool, Mangobaum, Kokospalmen (die zum Klettern einluden) und Ausblick aus Meer, große Zimmer, viel Ruhe und zwei tolle Hunde warteten auf uns.

Auch ließ es sich unsere Gastgeberin nicht nehmen, uns auf die feinste Art zu bekochen – da gab es leckere Pasta, ein „königliches“ Frühstück, guten Rum und sogar Cappuccino.IMG_5751IMG_5759

Am Abend unserer Ankunft zeigte sie uns den Yachtclub, wo wir, fast schon deluxe, mit einem Smoothie, bzw. Drink den Sonnenuntergang genossen. Sonst ist Montego Bay als Stadt nicht wirklich interessant – hauptsächlich auf den Tourismus ausgerichtet, wird man von fliegenden Händlern und Straßenverkäufern, die einem allen möglichen Ramsch andrehen wollen, nur so belagert. Umso schöner ist das kleine Städtchen Falmouth östlich von Montego Bay. Früher von reichen Zuckerplantagenbesitzern erbaut, und heute zu einem der wichtigsten Kreuzfahrtschiffsziele der Insel herausgeputzt, gibt es einige Einiges zu entdecken

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Highlight in MoBay war aber unser Bootstrip zu den Glistening Waters. In der von Mangroven umgebenen Luminous Lagoon leben kleine Mikroorganismen, die fluoreszieren. Sprich: Wenn man nachts in das Wasser springt, fängt plötzlich alles um einen herum an geheimnisvoll zu leuchten (die Organismen fangen an zu leuchten, sobald sie bewegt werden). Es schien, als würde unsere ganze Haut glitzern. Auch der Boden ist ein Phänomen – er ist total schlammig von den abgelagerten „Mangrovenabfällen“ und die Jungs ließen es sich nicht nehmen, uns von oben bis unten mit Schlamm zu bewerfen, bis wirklich jeder ein komplettes Schlammbad genommen hatte. Eine weit verbreitete Geschichte dort ist auch, das Usain Bolt nur so schnell ist, weil er so oft in dieser Lagune mit dem Schlamm gebadet hat. Naja, ein schlechtes Gefühl hinterließ der Schlamm bei uns auch nicht :

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Am letzten Abend beschlossen wir etwas Besonderes zu kochen, denn da es im Haus einen funktionierenden Ofen gab, mussten wir das ja ausnutzen! Nach langem Hin und Her fiel unsere Wahl dann auf einen klassischen deutschen Zwiebelkuchen, der uns „Grünschnäbeln“ dann auch wirklich erstaunlich gut gelang… Seht selbst

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So, das war es aber für heute mit den ganzen Trips, jetzt ruft nämlich der Unterricht – die Schüler warten schon!

Likkle more (Patois wörtlich: „Bis später“; aber auch oft im Sinne von „bis bald“ verwendet)

Joza

 

 

 

Wir kommen vom Mars

Das geben wir manchmal spaßeshalber zur Antwort, wenn die Kinder zu uns gerannt kommen und stauend fragen, woher wir denn kommen. Einige Kinder haben hier doch noch nie in einen Weißen „ in echt“ gesehen, und bestaunen uns zum Teil fast schon ehrfurchtsvoll. Das ist dann schon etwas befremdlich, wenn die Kinder immer wieder unsere Haare oder Haut anfassen wollen. Ein Mädchen hauchte leise „ Would you give me some of your hair?“. Die Kids sind dann super happy, wenn man sich ein bisschen mit ihnen beschäftigt und rumalbert, denn hier ist das Leben im Ghetto für sie schon manchmal etwas eintönig.

Erst einmal wünsche ich euch allen noch ein frohes neues Jahr 2014 – ich hoffe ihr hattet alle einen guten Rutsch! Viel Kraft, Glück und Energie für all eure Vorhaben im neuen Jahr.

Ich kam wirklich eine ganze Weile nicht zum Bloggen – zuerst hatte mich ja ein tropischer Virus heimgesucht (und das leider nicht nur einmal) und dann ist hier einfach in der Weihnachtszeit so viel passiert! Ich weiß gar nicht genau, wo ich anfangen soll.

Wir haben Silvester in Kingston gefeiert. Wir sind nach Downtown gelaufen, denn da gibt es jedes Jahr an der Waterfront (Hafen) ein großes staatliches Feuerwerk, welches von einem Schiff auf dem Wasser aus gezündet wird. In Jamaika ist es nämlich verboten privat Feuerwerke zu zünden, da die Geräusche zu sehr an Schüsse erinnern können. So hatte man wirklich das Gefühl, dass sich ganz Kingston in Downtown versammelt hatte: Es war einfach eine große Party und natürlich durfte die Stage-Show mit verschieden Dancehall-/ und Reggaeartists auch nicht fehlen…

Bis heute hatte ich Weihnachtsferien (wie die Jamaikaner auch), aber ab morgen geht dann unser Unterrichtsalltag wieder los. Ich bin mal gespannt, wie der Musikunterricht in der High School voran geht – der Direktor der Schule hat uns nämlich für das neue Jahr eigene Unterrichtsstunden versprochen. Es scheint mir, als ob die Lehrer dort wirklich von unserer Arbeit begeistert sind, und sehr wertschätzen was wir hier tun. (Kurz noch am Rande: Es ist auch immer wieder so schön wie wir jeden Morgen in der High School begrüßt werden: Der Pförtner grüßt mit einem lauten und freudigen „Yoooooo musical people!“ und von allen Seiten tönt von verschiedensten Schülern ein „Guten Morgen“, „Guten Tag“ oder auch „Tschusssssss“ zu uns herüber. )
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Aber jetzt erstmal noch zu den ganzen Ereignissen im Dezember: Wir haben letzten Monat vor allem verschiedene andere Projekte und Organisationen besucht, mit denen wir uns eventuell „connecten“ (wie man hier so schön sagt) könnten und mit denen wir mehr zusammen arbeiten könnten.

So hat zum Beispiel die Trenchwon Police Station hier vor Ort einen Youth Club, zu dessen wöchentlichen Treffen wir dann hingegangen sind. Alle waren sehr interessiert an unserer Arbeit und nach einer kleinen Musikeinlage unsererseits (die Bob Marley Songs kommen immer und überall gut an 🙂 ), haben dann plötzlich alle angefangen zu singen und zu tanzen – Letztendlich haben wir dann auch gleich wieder 3 neue Schüler gefunden, und der Youth Club kann uns auch weiterhin neue Schüler vermitteln. An einem anderen Tag sind 3 von uns MoGs zu dem Edna Manley College of the Visual and Performing Arts (Kunst- und Musikhochschule) aufgebrochen, um dort eine österreichische Künstlerin und Flöten-Dozentin zu suchen, welche uns der deutsch Botschafter „empfohlen“ hatte. Leider war sie an diesem Tag nicht vor Ort, aber durch Zufall sind sie auf etwas Anderes, höchst interessantes gestoßen: Hier in Kingston gibt es das National Youth Orchestra of Jamaica. Dieses Jugendorchester ist ein Programm was sich wie wir zum Ziel gesetzt hat, arme Kinder und Jugendliche zu unterrichten, die sonst nie die Möglichkeit hätten, ein Instrument zu erlernen oder gar in einem Orchester mitzuspielen. Die Organisation ist hier in Jamaika schon sehr etabliert und besteht seid einigen Jahren. Schnell sahen wir also eine Möglichkeit, mit dem NYOJ zusammenzuarbeiten – unsere Schüler, die ein Orchesterinstrument erlernen, hätten die Möglichkeit, in einem richtige Orchester zu spielen und sich zu beweisen. Währenddessen könnten wir auch Schüler vom Orchester übernehmen, die andere Instrumente wie Klavier oder Gitarre lernen wollen. Es würden schlussendlich also alle profitieren – ich bin sehr gespannt wie die Zusammenarbeit jetzt im neuen Jahr genau aussieht, und was sie für Früchte trägt…

Aber nun muss ich aber doch noch ein bisschen von der Weihnachtszeit berichten: Weihnachten hier in Jamaika wird nicht als so großes Fest wie bei uns zelebriert. Als „importierte“ Tradition wird es zwar von vielen Christen am 25. Dezember gefeiert, allerdings feiern die Rastas „ihr Weihnachten“ erst am 6. Januar. Auch Deko und Christmas-Songs erinnerten hier eher an die kitschige amerikanische Filme, als an die schöne heimatliche Adventszeit. Naja, desto mehr mussten wir uns also ins Zeug legen, um etwas Weihnachtsstimmung aufkommen zu lassen. Paula überraschte uns am 01. Dezember mit einem kleinen selbst gebastelten Adventskalender. Dieser wurde zwar zuerst von den Jamaikanern misstrauisch bestaunt, aber spätestens als der Tag kam, an dem ihr Name auf dem Kalendertürchen stand, war jegliches Misstrauen schnell verflogen. Am 06. Dezember spielten dann auch Leonie und ich ein bisschen Nikolaus, sammelten in der Nacht alle Schuhe ein und füllten sie mit diversen Sweeties – auch dieses führte zu einem Schmunzeln in den jamaikanischen Gesichtern.IMG_5080

Nicht zu vergessen unser provisorischer Adventskranz, den wir aus Palmblättern gebastelt, mit Christbaumkugeln dekoriert, und auf eine alte Schallplatte geklebt hatten 🙂

Am letzten Schultag vor den Weihnachtsferien wurden wir auch eingeladen bei der Devotion („Morgenandacht“) in einer Primary School hier in Trenchtown zu spielen, die von uns gehört hatte Die kleinen Kids erwarteten uns voller Begeisterung und wir spielten ein kleines gemischtes Programm mit einigen Bob Marley Songs aber auch Weihnachtsliedern. Spätestens bei Pink Panther war dann das Eis gebrochen und die Kinder sangen lauthals „Joy to the world“ und „O come all you faithful“ mit uns. Hier fühlte ich zum ersten Mal ein bisschen „Weihnachten“, was wunderschön war.

Und dann war da natürlich noch das Weihnachtskonzert mit all unseren Schülern: Schon am Mittag des großen Tages fingen wir an, den Culture Yard weihnachtlich zu dekorieren und das Essen vorzubereiten. Nach und nach trudelten dann auch immer mehr Schüler und Zuschauer ein – letztendlich ging das Konzert zwar 1,5 Stunden später los, aber wir sind ja nun mal auf Jamaika 🙂 Es war dann ein sehr schönes Konzert mit bunten Programmpunkten: Insgesamt haben 20 Schüler vorgespielt und wir waren alles in allem sogar ca. 40 Personen – das ist doch für ein kleines Projekt, welches gerade einmal 4 Monate besteht,wirklich super oder? Einziger Wermutstropfen: Leider waren nur 4 Elternteile da. Dies ist meiner Meinung nach aber der gesamten jamaikanischen Kultur geschuldet – denn die Familienstrukturen sind hier viel „loser“ als in Deutschland. Viele Eltern kümmern sich nicht wirklich um ihre Kinder – man lebt mehr nebeneinander her als miteinander. Von mir haben 4 Klavierschüler vorgespielt und ich muss sagen, sie haben ihre kleinen Auftritte, angefangen bei „Jingle Bells“ bis hin zu „I wish you a Merry Christmas“, wirklich super gemeistert, sodass ich am Ende ziemlich stolz war! Nach dem Konzert haben wir unsere Schüler noch mit kleinen Leckereien verwöhnt, da gab es Sandwichs, Fruchtsnacks und Eis (Die Essensdiskussion im Vorfeld war auch wirklich lustig: Die Jamaikaner waren der Meinung, man müsse unbedingt fried chicken, Burger und weiteres fast food verteilen – aber da wir auch ein bisschen Vorbildcharakter haben, waren wir für „gesundes“ Essen. Zuerst bekamen wir den obligatorischen Satz „You could never do dat“ zu hören, letztendlich haben wir uns dann aber auf den Eis-Kompromiss einigen können). Gemeinsam wurden noch ein paar Weihnachtslieder geträllert und so klang der Nachmittag schön gemütlich aus.

Bleibt nur noch zu berichten wie wir selbst Weihnachten hier in Jamaika gefeiert haben. Am 24. Dezember haben wir mit unserer Familie ein (mehr oder weniger) traditionelles „deutsches Weihnachtsfest“ gefeiert. Wir verbrachten den ganzen Tag mit Kochen und Backen. Der Kartoffelsalat wurde super lecker und auch unser veganer Schoko-Kokos-Kaffee-Rumkuchen war der Hammer – und das obwohl er mindestens 4 Stunden in unserem kaputten Ofen verweilte. Dazu servierte ich noch eine jamaikanische heiße Schokolade (mit wirklich richtigen Kakao). Den gesamten Vormittag beschallten wir auch ganz Arnett Gardens mit dem Weihnachtsoratorium von Bach über unser Sound System – bei uns sorgte dies für ein heimisches Gefühl, die Jamaikaner mussten allerdings sehr verwirrt gewesen sein 🙂

Abends versammelten wir uns dann auf der weihnachtlich dekorierten Terrasse – das Erstauen war dann aber groß, als wir merkten, dass alle jamaikanischen Familienmitglieder irgendwie ausgeflogen waren. Naja Jamaika eben -im Laufe des Abends kamen dann alle wieder zurück und probierten unser Weihnachtsmahl. Alle freuten sich total über unsere Geschenke (von Hand selbst-bedruckte T-Shirts mit „Musicians without borders“ – Logo) und mit ein paar deutschen Weihnachtsliedern wurde noch bis spät in die Nacht gefeiert.

Am 25. (jamaikanische Weihnacht) sind wir dann sogar noch mit Rosina Moder (die Frau, die wir eigentlich im Edna Manley College gesucht hatten; und dann später getroffen haben) und ihrer Familie in ein Krankenhaus gegangen und haben dort für die Kinder ein kleines Weihnachtskonzert veranstaltet. Danach hat sie uns sogar noch einige ihrer selbst geschriebenen Flötenbücher mit karibischen Liedern für unser Projekt und die Arbeit in der High School geschenkt. Zu guter Letzt ließ sie es sich nicht nehmen und hat in jedes Buch noch eine kleine Widmung geschrieben – was für ein schönes Weihnachtsgeschenk!

Ach und by the way noch eine andere kleine Geschichte: Gestern durften wir bei einer Probe der Jazzcombo ihres Mannes mitspielen – es war so schön wieder mal mit top Musikern zusammen zu spielen und dann auch noch Jazz in einer kleinen Bigband – waaaaah 🙂 Danach wurden wir noch bei ihnen zu Hause auf eine Suppe und einen selbstgemachten Mangosaft eingeladen. Es wurde viel geredet und gelacht und plötzlich meinte Rosina dann „Oh is Usain coming tomorrow?“. Mir stand der Mund offen – meinte sie tatsächlich Usain Bolt? Aber na klar – die Insel ist ja klein. Da hat sich dann echt herausgestellt, dass sie die Tante und Mutter von Usain Bolt sehr gut kennt.

Hui der Beitrag wurde ja jetzt wieder richtig lang – ich versuche ab jetzt mehr und kürzere Beiträge zu schreiben, versprochen! Auch bin ich im Dezember ganz schön rumgekommen auf der Insel. Allerdings waren die Trips so spannend und voller Eindrücke, dass ich alles in einem separaten Beitrag berichten werde.

Bis dahin – check out!

Merry Christmas

Hallo ihr Lieben,

ich wünsche euch allen frohe Weihnachten, schöne Festtage und einen guten Rutsch in das neue Jahr 2014! Lasst es euch gut gehen und genießt die Zeit mit euren Liebsten!

Wir versuchen hier bei 30°C auch ein bisschen Weihnachten zu feiern – mit traditionellem Kartoffelsalat (gestreckt mit Yam), Würstchen, Ackeegemüse (Nationalfrucht Jamaikas), Rumcake, Schokolade, Rumcream und sogar mit ein paar Plätzchen die aus Deutschland kamen… Klingt doch ganz cool, oder? 🙂

Naja, wenn der ganze Weihnachtstrubel vorbei ist, schreib ich auch endlich mal wieder mehr und berichte von den Ereignissen des letzten Monats…

Bis dahin – macht´s gut!                                                                                                                                     Joza

 

Stolperschritte

Hallo ihr Lieben,

leider liege ich schon wieder mit hohem Fieber (Grippe etc.) im Bett – Doc meinte aber ist kein Denguefieber. Immerhin 🙂                                                                                                                           Naja, sobald es der Genesungsgott wieder gut mit mir meint, blogge ich fleißig weiter!

Bis dahin: peace and check out!

 

You grooving – Kingston 12

(aus: Trenchtown Rock – Bob Marley)

Hallo ihr Lieben,

inzwischen ist wieder wirklich viel passiert hier in Kingston 12. Aber da ich seid ein paar Tagen krank bin, habe ich nun doch ein bisschen Zeit gefunden, um die letzten zwei Wochen Revue passieren zu lassen. Gerade liege ich gemütlich in der Hängematte auf dem Dach des Hauses. Hier oben ist jeder von uns sehr gerne, um ein bisschen Ruhe zu finden – es ist ein unglaublich schöner Platz, wenn nicht der Schönste hier im Haus. Man blickt hinab auf die Dächer der Ghettosiedlungen von Arnett Garden und Jonestown (benachbarter Ghettoteil), und ab und zu erlebt man einen wirklich schönen Sonnenuntergang hier oben! Immer mal wieder kommt ein Jamaikaner vorbei und erkundigt sich, wie es mir geht. Hier wollte mir auch jeder schon verschiedene Kräutertrunks, diverse andere Rasta-Medizin sowie Tee der  „leaves of life“ (Blätter des Lebens) einflößen…

Rasta Medizin: Ingwer, Pepper (extrem scharf), Knoblauch, Merengue-Samen und „leaves of life“

Aber zuerst möchte ich euch noch gerne meine „neue große Familie“ vorstellen mit der ich hier in Jamaika zusammen lebe. Inzwischen sind wir 5 deutsche Musiklehrer/innen – insgesamt ein wirklich cooles und lustiges Trüppchen! Wir wohnen hier in dem Haus von Tanja und Kush. Michael Brown (Kush genannt) ist unser Ansprechpartner vor Ort. Er selbst ist in Trenchtwon aufgewachsen und kennt Land und Leute. Als Musikproduzent ist er hier auch relativ bekannt und hat viele Connections, die wir nutzen können. Tanja, die deutsche Ärztin, leitet unser Projekt zusammen mit Musiker ohne Grenzen. Neben Kush wohnen noch einige andere Familienmitglieder mit im Haus. So noch sein Bruder Kevin sein Onkel Cry Cry und dessen Kinder Sascha und Suarez. Alles in allem also eine wirklich große Multi-Kulti-Family.

Unsere Großfamilie

Hintere Reihe v.l. : Leonie, Kevin, Kush, Felix, Melory (Verwandte), Tanja, Ich, David
Vordere Reihe v.l. Sasha, Keno (Schüler), Suarez, Paula
die beiden Kleinkinder sind Nachbarskinder

Nun zu den vielen vergangenen Ereignissen:

Vor zwei Wochen waren wir zu Besuch in der deutschen Botschaft in Kingston. Witzig war es schon, hier in Jamaika eine typisch deutsche Einrichtung (schon der Geruch dort erinnerte irgendwie an die Heimat) zu sehen. Der Botschafter Josef Beck hat uns morgens bei einer Tasse Kaffee empfangen und wir haben ihm unser Projekt vorgestellt. Er und seine Assistentin zeigten großes Interesse und gaben uns auch ein paar Tipps mit auf den Weg. Außerdem wurden wir prompt zum „Weihnachtssingen“ der Botschaft eingeladen.

Deutsche Botschaft in KingstonBesuch in der Botschaft

Vergangenes Wochenende haben wir hier in Arnett Garden ein Fußballturnier organisiert. Anlass war zum einen Kushs Geburtstag, zum anderen wollten wir die Veranstaltung nutzen, um Musiker ohne Grenzen und unser Projekt hier in der Umgebung noch bekannter zu machen und um die Leute zusammen zu bringen. Dies ist uns auch gelungen: Ein paar unserer Schüler und wir Lehrer sorgten für die Verpflegung und für die Musikeinlagen zwischen den Spielen. So verlief das Turnier nahezu reibungslos, und ging ohne Schlägerei oder ähnliches über die Bühne. Dies ist hier wohl wirklich nicht selbstverständlich (zumal oft Teams aus „verfeindeten Stadtteilen“ gegeneinander gespielt haben), denn uns wurde berichtet, dass das letzte Turnier hier mit 7 Schussverletzungen endete, da ein Streit ausgeartet war. So fielen wir am Sonntag alle total erschöpft in unsere Betten, aber mit dem Gedanken, schon etwas Großes erreicht zu haben.

Auch hatte ich hier schon einige Begegnungen mit dem örtlichen Freund und Helfer – der  Polizei  (wobei sie sich nicht immer als Freund erwies 🙂 ). So wurden wir einmal beim Gemüseeinkauf in Downtown von der Polizei aufgegabelt, und wir hatten natürlich alle ausgerechnet an diesem Tag keine Pässe dabei. Der Polizist dachte sofort, dass wir illegal im Land seien und verfrachtete uns in die Polizeistation. Dort mussten wir dann so lange ausharren, bis Kush und Kevin mit unseren Pässen kamen – zum Glück ging das aber nicht allzu lange.

Hier im Ghetto ist die Polizei auch sehr präsent, allerdings nicht so wie man sie aus Deutschland kennt. Hier erinnern die Polizisten eher an die amerikanischen SWAT-Teams, sprich: sie sind hier immer mit Helm, Sonnenbrille, Schussweste, Knieschützer, Schlagstock und einem großen Maschinengewehr ausgerüstet. Wie ich in meinem ersten Beitrag berichtete, scheint hier tagsüber alles recht friedlich. Doch wie sich heraus stellte, verschweigen die Jamaikaner auch gerne mal etwas, um uns nicht zu beunruhigen.Von den Bandenstrukturen selbst bekommen wir gar nichts mit, aber die Jamaikaner erzählen immer mal wieder von „Zwischenfällen“ hier in Trenchtown. Gerade gab es auch Unruhen zwischen  Angola und Simbawe (zwei weitere Ghettoteile; 5 min von uns entfernt). Genau auf der Grenze zwischen beiden Teilen steht die High School, in der wir unterrichten. Letzte Woche war nicht klar, ob die Schule schließt oder nicht. Letztendlich fand dann aber doch der Unterricht statt (was immer ein gutes Zeichen ist) und wir konnten auch wie gewohnt den Musikunterricht geben. Die Polizei hat in dieser Zeit die Schule auch abgesichert und Präsens gezeigt. So standen auf unserem Heimweg urplötzlich 15 Polizisten mit Maschinengewehren vor mir auf der Straße und kontrollierten die Leute. Die anderen nahmen das recht gelassen hin, da sie solche Situationen schon gesehen haben, aber mich hat das schon sehr bewegt und nachdenklich gemacht. Und ich fühlte mich wieder bestätigt in unserem Vorhaben, die Kids hier von der Straße und aus den Banden heraus zu holen und ihnen mit der Musik eine Alternative aufzuzeigen.

Nun will ich euch aber keine Angst machen oder Sorgen bereiten! Dadurch, dass wir direkt in die jamaikanische Familienstruktur eingebunden wurden und immer mit der Familie zusammen sind, sind wir hier sehr sicher. Dennoch gehen wir prinzipiell im Dunkeln nie alleine auf die Straße.

Paula und Cho Cho

Nun aber noch ein paar Worte zu den musikalischen Entwicklungen hier:

Vergangene Woche habe ich mit meinen Klavierschülern den Unterricht begonnen. Meine ersten drei Mädchen Ashley, Cho Cho und Akeyla (8,9 und 10 Jahre alt) sind echt süß und sehr motiviert. Inzwischen können sie schon „Ist ein Mann in den Brunnen gefallen“ und  „Hänschenklein“ spielen und nehmen jetzt einfache Weihnachtslieder wie Jingle Bells in Angriff. Immer wieder bringen sie Freundinnen mit (oft sitzen bei mir 4 Mädels im Unterricht), sodass ich immer mehr neue Schüler bekomme – genau so soll es sein! 🙂

 

Auch hatte ich  in den letzten Wochen mehrere Interessenten für den Saxophon-Unterricht: Im Culture Yard durfte so jeder der wollte das Sax mal in die Hand nehmen und versuchen ein paar Töne zu spielen. Doch wie sich schnell herausstellte, waren die meisten nur am Ausprobieren interessiert und sind dann auf ein „einfacheres“ Instrument, wie beispielsweise Blockflöte, umgestiegen. Hauptgrund war vor allem das Gewicht des Saxophons, und dass man sich schon ein bisschen (körperlich) anstrengen muss am Anfang, um die Töne heraus zu bekommen. Da die Kinder hier zum Teil noch sehr klein für ihr Alter sind, haben wir beschlossen, eher ältere Schüler im Saxophon zu unterrichten. Als ich heute nach der Arbeit im Culture Yard nach Hause kam, saßen da plötzlich 10 Kinder auf der Mauer, die Klavier und Saxophon lernen wollten. Natürlich durfte jeder ausprobieren – am Ende waren alle glücklich, und David und ich hatten wieder ein paar neue Schüler.

Auch in der High School geht es voran: Inzwischen arbeiten wir mit kleinen Musikklassen. Aus diesen Gruppen wollen wir auch einen großen Gesamtchor formen, der dann nach der Schule proben könnte. Neben kleinen Rhythmus-Übungen und einigen Theorieeinheiten wollen wir jetzt vor allem einige Weihnachtslieder einstudieren. Eventuell werden wir auch an zwei Nachmittagen in der Woche Instrumentalunterricht in den Schulräumen geben.

Mr. Grey (Drama Teacher) in Actionunsere SchuleDSC00218

So, das war es mal für heute!

Ich schicke euch allen ein paar Sonnenstrahlen in das kalte Deutschland,                                                   liebe Grüße Joza